Installation "Wasser"

mit einer Predigt von Gudula Benning

Diese Tradition wird den meisten von Ihnen vertraut sein: Früher hing in jedem katholischen Haushalt ein kleines Weihwasserbecken an der Wand. Oft im Schlafzimmer, manchmal aber auch im Esszimmer oder an der Haustür. Abends vor dem Schlafengehen, morgens vor dem Verlassen des Hauses - man tupfte mit den Fingern hinein und bekreuzigte sich. Ein Tropfen in Erinnerung an die Taufe. Ein Tropfen des Segens für die Nacht, für den Tag. Ein Tropfen von der Fülle der Liebe Gottes.
Mit Weihwasserbecken ist auch Petra Engelbert aufgewachsen. Und daran erinnerte sie sich, als sie um einen künstlerischen Beitrag zum Thema Wasser gebeten wurde. Sie ist geboren in Dörenthe und lebt heute in Jesteburg in der Lüneburger Heide. Dort arbeitet sie als Krankenschwester und Kunsttherapeutin in einem Hospiz. Mit ihrer Bilderserie spannt sie einen Bogen von einer fast vergessenen Tradition über unseren heutigen Alltag bis zur Hoffnung auf eine bessere Welt. Einen Bogen vom Ursprung des Lebens über unsere Verantwortung für die uns anvertraute Erdebis zur Verheißung des Reiches Gottes. „Alles ist eins“ – das ist eine Kernaussage ihrer Bilder.
 
Was sehen wir? Fünf Reihen von Bildern, denen jeweils ein Thema vorangestellt ist: Wasser, Segen, Die Welt, Hinweis, Alles ist eins. In jeder Reihe Bilder oder Collagen auf Holztafeln, unterbrochen immer wieder von einem alten Weihwasserbecken, wie einemPausenzeichen.
 
In der untersten Reihe sehen wir außerdem einen versehrten Christus-Corpus, abgeschlagen vom Kreuz. Das Wasser scheint durch den Körper hindurchzufließen.
Hin und wieder lesen wir einige Zeilen: Segensprüche, zentrale Begriffe wie Zeit, Handeln, aber auch Kapital.
 
Ich möchte mit Ihnen durch diese Bilder wandern und Sie einladen, sie kreuz und quer zu betrachten. Welche Gedanken oder Gefühle wecken sie? Ich greife einige Bildtafeln heraus, die mich besonders angesprochen haben.

 

Wasser

Oben bleibe ich gleich bei den ersten beiden Bildern hängen. Blau in verschiedenen Schattierungen auf der ersten Tafel: Tiefen und Untiefen. Die überwältigende Schönheit des Meeres. Wie wunderbar ist es, vom Wasser getragen zu werden! Zugleich entwickelt dieses Element unberechenbare Gewalt. Die zweite Tafel erinnert mich an Bruchstücke, an Schiffbruch. Oder an den Unrat, der zurückbleibt nach einem Tsunami wie in Indonesien im Dezember.

Segen

Dann die Reihe „Segen“. Die Tafeln sind in warmen Rottönen gehalten und bilden einen Kontrast zum frischen Blau darüber. Das Kreuz mit verlängertem Arm fällt mir besonders auf. Es scheint über das ganze rote Erdenrund zu reichen. Dazu der aaronitische Segen, den wir auch hier in der Kapelle oft zugesprochen bekommen: "Der Herr segne und behüte uns. Er lasse sein Angesicht über uns leuchten und sei uns gnädig. Er hebe sein Angesicht auf uns und schenke uns seinen Frieden." Stärkende Worte, so wie auch heute im Lesungstext. Jesaja sagt: „Neigt euer Ohr mir zu, und kommt zu mir, hört, dann werdet ihr leben.“

Die Welt

In der dritten Reihe sehen wir Collagen, deren Formen an die Weltkugel erinnern. „Das wüste Land“ springt mir von der vorletzten Tafel entgegen. Ich muss an Landschaften denken, in denen alles verdorrt ist, weil kein Regen fällt. Aber auch an Industriebrachen. Wüstes Land auch bei uns? Was kommt nach dem Bergbau? Können wir die Folgen abschätzen, die unsere Eingriffe in die Natur hervorrufen?

Hinweis

„Hinweis“, so lautet der Titel der vierten Reihe. „Die Schönheit der Schwachen“ lese ich auf der zweiten Collage, darunter ein Schlüssel. Vielleicht ist das der Schlüssel zu einer anderen Sicht: Schönheit, Glück oder Erfüllung erleben wir manchmal ganz unverhofft, wo wir es nicht erwarten. Niemand hat den Messias in einem schwachen Kind ohne Obdach gesucht. Sind wir offen für einen Perspektivenwechsel? Vieles weist darauf hin, dass er dringend notwendig ist. Schon Jesaja fragt: „Warum bezahlt Ihr mit Geld, was euch nicht nährt, und mit dem Lohn eurer Mühen, was euch nicht satt macht?“ Worum geht es wirklich im Leben? Und wie müssen wir handeln, damit alle Menschen die Chance auf ein erfülltes Leben haben?

Alles ist eins

Schließlich die letzte Reihe: Alles ist eins. Sie beginnt mit einem alten Weihwasserbecken. Eine Segensquelle mitten im Alltag. Immer erreichbar, ob ich müde bin oder verschlafen, voller Tatendrang oder in großen Nöten. Erreichbar in einer kleinen Geste. Warum eigentlich ist dieser Brauch in Vergessenheit geraten? Wie heißt es bei Jesaja: „Auf, Ihr Durstigen, kommt alle zum Wasser!“ Was hindert uns?
 
Schließlich sehe ich in der Mitte den kaputten Christus-Korpus. Verstörend eigentlich. Aber so wirkt er nicht. Der Strom des Lebens reißt nicht ab, sondern fließt durch ihn hindurch. Ich erinnere mich an das lebendige Wasser, das Jesus Christus der Frau am Brunnen versprochen hat und das allen Durst für immer löscht. Wir müssen uns nicht fürchten, auch nicht vor dem Tod. In Gott bleiben wir lebendig. Alles ist eins. Jesaja sagt es so: „Denn wie der Regen und der Schnee vom Himmel fällt und nicht dorthin zurückkehrt, sondern die Erde tränkt und sie zum Keimen und Sprossen bringt, wie er dem Sämann Samen gibt und Brot zum Essen, so ist es auch mit dem Wort, das meinen Mund verlässt: Es kehrt nicht leer zu mir zurück, sondern bewirkt, was ich will, und erreicht all das, wozu ich es ausgesandt habe.“
 
Alles ist eins. Und wir sind ein Teil. Unser Leben ist gesegnet. Das Kreuzzeichen mit geweihtem Wasser kann uns dies immer wieder neu ins Bewusstsein rufen, uns erfrischen und stärken.